Wer trauert, zeigt viele Symptome, körperliche wie kognitive: Ruhelosigkeit, Schlafstörungen, Herzklopfen, Konzentrationsprobleme, Apathie und vieles mehr. An der Universität Utrecht untersuchen Dr. Margaret Stroebe und Dr. Henk Schut bereits seit Ende der 1990er Jahre, mit welchen Stresssituationen Trauernde konfrontiert sind. Sie unterscheiden dabei zwischen verlustorientierten Stressoren (z.B. problematische Todesumstände, sehr enge Beziehung zum Verstorbenen, Rückzug) und wiederherstellungsorientierten Stressoren (z.B. Unterstützung durch die Außenwelt, Selbstfürsorge). Stroebe und Schut stellten fest, dass Menschen, die Verluste erlitten haben, häufig zwischen zwei Polen hin- und herpendeln. Einerseits geben sie sich der Trauer hin, denken oft an den oder die Tote, fragen sich aber auch: Wie organisiere ich jetzt mein Leben? Wer kann mir helfen?
Der Blick der Trauernden richtet sich also einerseits nach innen und andererseits nach außen: Auf Verzweiflung folgt Hoffnung, aufkeimende Zuversicht wird wieder zunichte gemacht durch finanzielle Probleme oder Erbstreitereien. Tröstende Worte von Freunde finden ein jähes Ende, wenn man Zuhause wieder mit der Einsamkeit konfrontiert wird. Diese Beispiele lassen sich beliebig fortführen, denn solche Wechsel-Erfahrungen gehören bei Trauerprozessen einfach dazu.
Das „Pendeln“ ist allerdings kein regelmäßiges Schwingen. Der Prozess des Oszillierens zwischen den beiden Stressoren-Kategorien (Verlust einerseits und Wiederherstellung andererseits) geschieht mal langsam, mal schneller. Man kann es sich am besten so vorstellen, dass der/die Trauernde sich in unterschiedlichen Energiezuständen befindet: Manchmal schaffen sie es bestimmte Aufgaben in Angriff zu nehmen; das Pendel schwingt also in Richtung Wiederherstellung, Selbstfürsorge. Dann wiederum sind Hinterbliebene wie gelähmt und vermeiden das, was sie selbst für richtig und wichtig erachten; das Pendel bewegt sich in Richtung Demotivation, Rückzug.
Stroebe und Schut haben 2013 und 2016 ihr „Duales Prozessmodell“ in einigen Punkten verändert bzw. konkretisiert. Dabei geht es vor allem darum, Unterschiede zwischen einem „normalen“ und einem „komplizierten“ Trauerverlauf besser zu verstehen und entsprechende Abgrenzungskriterien zu entwickeln. Dazu mehr in einem der nächsten Blogbeiträge.