Trauerreden für Nicht-Profis

Immer wieder höre ich Aussagen wie „Reden halten, vor allem Trauerreden, das könnte ich nicht!“ Gutes Reden vor einem Publikum scheint für viele eine unlösbare Aufgabe zu sein. Wenn wir uns allerdings vor Augen führen, wie häufig wir kommunizieren und argumentieren, wird deutlich, dass Sprache unser „täglich Brot“ ist. Warum sollten also „nur“ Profis in der Lage sein, ansprechende Vorträge zu halten?

Rhetorik gilt seit jeher als die „Kunst, vor anderen gut zu sprechen“. In Bezug auf Trauerreden sollten jedoch die Erwartungen an die Rednerinnen und Redner nicht zu hochgesteckt werden. Anders als bei Firmenpräsentationen oder staatstragenden Grundsatzreden dienen Trauerreden dazu, das Leben einer verstorbenen Person zu würdigen. Die rhetorische Leistung befindet sich nicht in einem Wettbewerb und wird auch nicht prämiert, auch wenn die Rede selbstverständlich ein „gutes Produkt“ sein sollte. Das Publikum, die Trauergäste, sind in einem Ausnahmezustand. Es ist eine ganz besondere Situation und meist auch ein ganz besonderer Platz, an dem man sich trifft und Abschied nimmt.

„Die Kunst der (Trauer)Rhetorik“ ist in der Regel vorab von den Angehörigen delegiert worden. Beispielsweise an eine freie Trauerrednerin wie ich es bin. Das ist natürlich eine legitime Möglichkeit, weil Trauernde das Recht haben, sich zu entlasten und auf fähige und professionelle Dienstleistungen zu vertrauen. Dennoch möchte ich auch die Nicht-Profis dazu ermutigen, sich mit dem Thema „Trauerreden“ zu beschäftigen und zwar auf eine Art und Weise, die es ihnen leichter macht, ihre persönliche Wortwahl zu finden. Die folgenden Anregungen helfen vielleicht auch Ihnen, eine würdevolle Rede zu halten.

Rede-Variante 1:

Sie wählen ein Gedicht oder einen Auszug aus einem Buch, das der/die Verstorbene sehr geschätzt hat. Sie müssen dazu kein Sprechtraining absolvieren. Sie dürfen den Text ablesen, sie dürfen dabei mit den Tränen kämpfen und Sie dürfen dabei „ganz bei sich sein“. Wenn Sie den Text gefunden haben, den Sie vortragen möchten, hilft es sich vorzustellen, dass Ihre Auswahl dem/der Toten sicherlich gefallen hätte. Er oder sie würde sich sehr über Ihre kleine Rede freuen. Und wer weiß: Vielleicht sitzt die Person auf Wolke 7 und klatscht sogar Beifall 😉?

Rede-Variante 2:

„Du fehlst mir, weil…“ Mit diesem kleinen Textbaustein sind Sie in der Lage, drei bis fünf Sätze als kurze Rede zu formulieren. Jeder Satz beginnt mit „Du fehlt mir, weil…“ Ich bin sicher, dass Ihnen einige Beispiele dazu einfallen. Eine sehr bewegende Variante ist es, im Familienkreis den Satz zu beginnen mit „Du fehlst uns, weil…“. So kann beispielsweise jedes Familienmitglied eine Aussage dazu treffen. Die kurze, gemeinsame Rede wird sicherlich auch die weiteren Anwesenden emotional berühren.

Rede-Variante 3:

Sie halten eine kurze Rede zu einer Eigenschaft der verstobenen Person. Das kann seine Geduld gewesen sein oder sein Humor oder seine Zuverlässigkeit oder seine Großzügigkeit oder was auch immer. Wenn Menschen verstorben sind, die uns nahestanden, haben wir sie in der Regel für ihre „Besonderheiten“ geschätzt. Fragen Sie sich: Was hat diese Person für mich besonders gemacht? Was hat sie ausgezeichnet? Es genügt, wenn Sie eine einzige Eigenschaft in Ihrer Trauerrede hervorheben.

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