Reich zu werden, ist eine Frage des Mindsets. Gesund zu bleiben, ist eine Frage des Mindsets. Beruflich erfolgreich zu sein, ist eine Frage des Mindsets – so wird es in vielen Büchern und Internet-Plattformen vermittelt. Ist auch Trauern eine Frage des Mindsets?
Im Allgemeinen versteht man darunter die Gedankenwelt eines Menschen, die unser Verhalten beeinflusst. Unter Mindset lassen sich viele Begriffe einordnen, wie Mentalität, Überzeugungen, Glaubenssätze. „Du bist, was du denkst“, ist vielleicht die kürzeste Definition von Mindset.
Die Macht der Gedanken kennen und verstehen
Der Mensch ist nicht nur das Ergebnis von Genen und Umwelt/Umfeld: Er ist auch das Ergebnis seiner Gedanken und seiner Gefühle. Wenn ein Mensch stirbt, sind Erinnerungen für manche tröstlich, für andere lösen sie Wut und Aggression aus, weil sie nun „alleine auf der Welt sind“. Es ist bekannt, dass in allen Lebenslagen die Macht der Gedanken eine große Rolle spielt, so auch in Trauerzeiten. Wie wir denken, ist immens wichtig, denn unser Denken prägt unser Verhalten. So können wir beispielsweise uns selbst bedauern, dass wir einsam sind und uns ins Bett verkriechen. Wir können aber auch eine Freundin anrufen und am Telefon weinen. Wir können aber auch ein Fotoalbum anschauen und uns an glückliche Zeiten mit dem/der Verstorbenen erinnern.
Hier setzt die Mannheimer Psychotherapeutin Dr. Doris Wolf an. Sie betont die Wichtigkeit der aktiven Gedanken-Lenkung in Trauerphasen. In ihrem Buch „Einen geliebten Menschen verlieren“ (Pal-Verlag, Mannheim 2020) gibt sie Trauernden einen Leitfaden mit hilfreichen Sätzen zur Hand, beispielsweise „Ich werde Zeit brauchen, meine Trauer zu durchleben und Abschied zu nehmen. Wann immer ich ungeduldig mit mir werde… werde ich mich daran erinnern, dass Trauer Zeit benötigt…“ (Wolf, S. 82).
Dem kann ich nur zustimmen, wie folgendes Beispiel aus meinem Trauercoaching zeigt: Ein Witwer, nennen wir ihn Markus, hat vor zwei Jahren seine Ehefrau Elke durch einen Verkehrsunfall verloren. Er geht in der Nähe seiner Wohnung an einer Eisdiele vorbei. Markus erinnert sich wehmütig, dass Elke Pistazieneis besonders gerne mochte. Meist aß sie nur diese Sorte: Zwei Kugeln im Becher, ohne Sahne. Der Schmerz über ihren Tod ist plötzlich wieder da! Was tun? Wenn Markus merkt, dass er in trübe Gedanken versinkt, kann er bewusst seine inneren Monologe und seine Mimik ändern. Er kann zum Beispiel lächeln und zu sich sagen. „Eine Kugel Eis ist jetzt genau richtig. Mal sehen, welche Sorte ich jetzt essen will. Elke hätte bestimmt wieder Pistazien ausgewählt…“ (statt: „Ich werde nie wieder mit Elke Pistazieneis essen können. Ich komme über ihren Verlust einfach nicht hinweg.“)
Fakt ist: Gedanken sind kontrollierbar und wir können ihnen zumindest teilweise Einhalt gebieten. Neue Denk-Gewohnheiten zu etablieren, ist jedoch ein Kraftakt. Die Veränderung des persönlichen Trauer-Mindsets ist nichts, was über Nacht oder in wenigen Tagen zu erreichen ist. Wie Denk- und Verhaltensprozesse in Trauerzeiten nach und nach verändert werden können, erfahren Sie in den weiteren Blogbeiträgen.