2 Stunden und 32 Minuten

Der Wille, gut mit der eigenen Trauer umgehen zu können, ist in meinen Coachings immer wieder ein Thema. Viele wünschen sich Rituale für den Alltag; Rituale, welche die persönliche Trauer erleichtern. In den nächsten Blogbeiträgen werde ich einige Gewohnheiten vorstellen, die Trauernde als hilfreich erleben. Beginnen möchte ich mit „Kerzen im Traueralltag“ und dazu gibt es folgende Geschichte:

Kerzen im Traueralltag

Ein junger Mann hatte in seiner Wohnung eine Kerze neben das Foto seines verstorbenen Vaters platziert. Eine alte Kommode schien ihm der passende Ort dafür zu sein. Nach einer Weile stellte er fest, dass ihm dieser „Traueraltar“ nicht mehr gefiel. Er stellt das Foto um, er stellte die Kerze um, er stellte das Foto mit der Kerze um. So vergingen einige Wochen. Die Unzufriedenheit blieb.

Als wir im Coaching darüber sprachen, meinte er, dass das Foto in Ordnung wäre. Ihn störte die Kerzenform und vor allem die Kerzenfarbe. Es war die „Eierschalfarbe“, die er in der Wohnung seines Vaters immer wieder gesehen hat – und die er schon als Jugendlicher nicht mochte. In Erinnerung an den Vater fühlte er sich jedoch verpflichtet, diese ungeliebte Farbe als Trauer-Farbe beizubehalten. Er meinte wortwörtlich dazu „Es klingt verrückt, doch so ist es!“ Offensichtlich lag jedoch die Lösung auf der Hand…

Nach einigen Suchaktionen in Läden vor Ort und im Internet fand er schließlich ein passendes Kerzen-Set in verschiedenen Blautönen. In einem weiteren Coaching stellte sich heraus, dass ihm ein Zeitfenster besonders wichtig war. Der junge Mann entschied sich nun für folgendes Trauerritual: Einmal im Monat an einem beliebigen Tag lässt er eine blaue Kerze brennen, exakt 2 Stunden und 32 Minuten. So lange dauerte das Sterben des Vaters im Hospitz. Der Sohn wusste es genau, denn er hielt die Hand des 86-Jährigen bis zum letzten Atemzug.

2 Stunden und 32 Minuten Gedenken mit einer blauen Kerze. So einfach kann ein Trauerritual sein. Und so schwer kann es sein, herauszufinden, was in der Trauer wirklich hilft!

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