Unsterblichkeit: Glück oder Bedrohung?


Die Erinnerung ist das einzige Paradies
aus dem man nicht vertrieben werden kann.
(Jean Paul 1763-1825)

Die Gedanken an die Toten ist unser individueller Schatz. Menschen, die sterben, werden nie vergessen. Sie leben in der Erinnerung vieler Generationen weiter und es wird ihrer gedacht in Trauerreden, privaten Gesprächen, in Briefen, in Liedern und vielem mehr. Und das Internet als große digitale Grabstätte sorgt dafür, dass die Verstobenen „ewig“ weiterleben.

Aus Sicht der Lebenden mag Unsterblichkeit ein hohes Gut sein. Aus Sicht der Toten sieht es anders aus. Zumindest, wenn man die Auffassungen von Arno Schmidt teilt. Der Schriftsteller Arno Schmidt (1914-1979) veröffentlichte bereits in den 1950er Jahren eine Erzählung mit dem Titel „TINA oder über die Unsterblichkeit“. Worum geht es in diesem kleinen Büchlein, das im Insel Verlag Berlin 2013 neu aufgelegt wurde?

Ich sage es gleich vorweg: Das Ziel ist nicht die Unsterblichkeit, wie man vermuten könnte. Es ist das Vergessen. Das gute Vergessen, das gnädige Vergessen, damit die Verstorbenen endlich in Ruhe tot sein dürfen! Wer sich von dieser Aussage NICHT abgeschreckt fühlt, wird eine Satire lesen, die in die Unterwelt entführt. Hier harren die Seelen bekannter Persönlichkeiten, vor allem Dichter und Schriftsteller, die sehnlichst darauf warten, dass die Lebenden sie vergessen. Denn solange sie „oben auf Erde“ beachtet werden, müssen sie im Elysium ausharren, einer Art „Zwischenwelt“. Die wahre Erlösung wäre das Jenseits, ein ruhiges Nichts. Ein Ort, an dem die Seelen endlich tot sein dürfen.

Der Ruhm auf Erden hat also seinen Preis: Unsterblichkeit ist kein Glücksversprechen, eher eine Drohung. Ach, Arno Schmidt, auch du wirst nicht erlöst. Ich und gewiss auch viele andere haben dich gelesen und nun wanderst du weiter im Elysium, das übrigens unter Darmstadt (!) liegt. Wer hätte das gedacht? Und wer wissen möchte, was das alles mit „TINA“ zu tun hat, muss diese Geschichte selbst lesen.

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